Industry Insights

Statista vs. ChatGPT: Wie Datenplattformen im KI-Zeitalter überleben

Marc Berg zeigt, wie Statista Kunden von ChatGPT zurückgewinnt - mit cleverer KI-Integration statt Konkurrenz-Denken

Robin Böhm
12. September 2025
7 min read
#AI #Business Intelligence #ChatGPT #Data Science #Automation #Strategy
Statista vs. ChatGPT: Wie Datenplattformen im KI-Zeitalter überleben

TL;DR: Statista-CEO Marc Berg verwandelt die KI-Bedrohung in eine Chance: Statt gegen ChatGPT zu kämpfen, integriert er Statista-Daten direkt in KI-Tools. Ein Kunde, der zu ChatGPT wechselte, kam nach drei Monaten zurück – zum doppelten Preis. Die Lektion? “Shit in, shit out” gilt auch für KI.

Stell dir vor, du bist CEO einer Datenplattform mit 167 Millionen Euro Jahresumsatz und 1400 Mitarbeitern. Plötzlich kommt ChatGPT um die Ecke und deine Kunden sagen: “Wozu brauchen wir noch Statista? ChatGPT kann doch alles!” Was machst du? Panik? Preiskampf? Marc Berg, CEO von Statista, hatte eine bessere Idee.

Das Problem: Wenn KI zum Datendieb wird

Als Marc Berg im Oktober 2023 die Führung bei Statista übernahm, war das Timing… interessant. ChatGPT hatte gerade die Welt erobert und sich dabei auch gleich mal an Statistas Daten bedient.

Die unbequeme Wahrheit:

  • 🎯 10% von Statistas Datenbestand lagen außerhalb der Paywall
  • 🤖 Große LLMs haben sich alles gekrallt, was frei verfügbar war
  • 💸 Kunden fragten: “Warum zahlen, wenn ChatGPT es kostenlos liefert?”

Das Frustrierende daran: ChatGPT wurde mit Daten trainiert, die Statista mühsam gesammelt und aufbereitet hatte. Ein klassischer Fall von “Mit deinen eigenen Waffen geschlagen werden”.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache

Um die Dimension zu verstehen, hier ein paar Fakten über den ChatGPT-Tsunami:

ChatGPT in 2025:

  • ⚡ 800 Millionen wöchentliche Nutzer
  • 🎯 122 Millionen tägliche Nutzer
  • 💰 10 Milliarden Dollar Jahresumsatz (OpenAI)
  • 🚀 Von 0 auf 1 Million Nutzer in nur 5 Tagen (Rekord!)

Statista dagegen:

  • 📊 4 Millionen registrierte Nutzer
  • 💼 167 Millionen Euro Jahresumsatz (2024)
  • 👥 1400 Mitarbeiter weltweit
  • 🌍 Über 1 Million Statistiken aus 22.500 Quellen

Ein David-gegen-Goliath-Szenario? Nicht wenn es nach Marc Berg geht.

Die Lösung: Wenn du sie nicht schlagen kannst, arbeite mit ihnen

Statt in Schockstarre zu verfallen oder einen aussichtslosen Kampf gegen die KI zu führen, entschied sich Berg für einen radikalen Strategiewechsel. Die neue Philosophie: “Wir sind Mittel zum Zweck”.

Phase 1: Integration statt Isolation

Berg erkannte früh: Menschen werden ihre Arbeitsweise nicht für Statista ändern. Also muss Statista dorthin gehen, wo die Menschen bereits arbeiten.

Der neue Ansatz:

  • Partnerschaften mit Perplexity, Copilot und anderen KI-Plattformen
  • Direkte Integration von Statista-Daten in KI-Tools
  • Kein Medienbruch mehr - alles nahtlos und friktionslos

Phase 2: Der Qualitäts-Trump

Hier kommt Bergs Lieblingssatz ins Spiel: “Shit in, shit out.”

KI ist nur so gut wie ihre Daten. Und genau hier liegt Statistas Stärke:

  • ✅ Verifizierte, aktuelle Daten
  • ✅ Professionelle Aufbereitung
  • ✅ Verlässliche Quellen
  • ✅ Kontextuelle Einordnung

Der Praxisbeweis: Die Geschichte vom zurückgekehrten Kunden

Die beste Validierung der Strategie? Ein Großkunde kündigte Statista mit der Begründung, ChatGPT könne “doch alles”.

Was dann geschah:

Monat 1: “ChatGPT ist fantastisch! So viele Daten, so schnell!”

Monat 2: “Hmm, einige Zahlen stimmen nicht ganz… und sind die überhaupt aktuell?”

Monat 3: “Können wir bitte zurück zu Statista? Und zwar sofort!”

Das Ergebnis: Der Kunde kam zurück – zum fast doppelten Preis.

Die Moral von der Geschichte? Billige Daten sind teuer, wenn sie falsch sind.

Die technische Architektur der Zukunft

So sieht Statistas KI-Integration konkret aus:

Nutzer-Anfrage → KI-Tool (ChatGPT/Copilot) → Statista API → 
Verifizierte Daten → KI-Verarbeitung → Präzise Antwort

Die Vorteile dieser Architektur:

  1. Für Nutzer: Keine neue Plattform lernen müssen
  2. Für KI-Anbieter: Zugang zu Premium-Daten
  3. Für Statista: Neue Vertriebskanäle und Reichweite
  4. Für alle: Bessere, verlässlichere Ergebnisse

Was bedeutet das für die Branche?

Statistas Transformation ist ein Lehrstück für etablierte Unternehmen im KI-Zeitalter. Die wichtigsten Lektionen:

1. KI ist kein Feind, sondern ein neuer Vertriebskanal

Statt KI als Bedrohung zu sehen, nutzt Statista sie als Multiplikator. Die Daten erreichen mehr Menschen, schneller und in deren gewohnter Arbeitsumgebung.

2. Qualität schlägt Quantität (immer noch)

In einer Welt, in der jeder Zugang zu KI hat, wird verifizierte Qualität zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal. Statistas kuratierte Daten sind plötzlich wertvoller denn je.

3. Geschäftsmodelle müssen sich anpassen

Das klassische “Komm auf unsere Website”-Modell ist tot. Moderne Datenunternehmen müssen ihre Inhalte dorthin bringen, wo die Nutzer bereits sind – sei es in ChatGPT, Copilot oder dem nächsten KI-Tool.

Die Herausforderungen bleiben real

Bei aller Euphorie – Berg ist kein Träumer. Die Risiken sind ihm bewusst:

Die größten Gefahren:

  • 🤖 KI-Webagenten könnten Daten automatisch und günstiger aggregieren
  • 💰 Preisdruck durch automatisierte Konkurrenz
  • 🔄 Technologie-Abhängigkeit von den großen KI-Anbietern
  • 📊 Commoditisierung von Basisdaten

Der deutsche Tech-Standort: Eine persönliche Note

Interessant ist Bergs Einschätzung zum deutschen Tech-Standort. Auf die Frage seiner Mutter, ob er nicht in die Politik wolle, antwortete er:

“Das würde ich nie tun. Ich glaube, die Probleme sind zu groß, als dass ich sie lösen könnte.”

Eine ernüchternde Einschätzung von jemandem, der gerade beweist, dass man mit cleveren Strategien auch gegen Tech-Giganten bestehen kann.

Praktische Tipps für Datenunternehmen

Aus Statistas Erfahrung lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:

Do’s:

  • API-First-Strategie entwickeln
  • Partnerschaften mit KI-Anbietern suchen
  • Datenqualität als USP ausbauen
  • Flexible Preismodelle für KI-Integrationen
  • Schnelle Iterationen statt Perfektionismus

Don’ts:

  • Paywall erhöhen als Schutzstrategie
  • KI ignorieren und hoffen, dass es vorbeigeht
  • Preiskampf mit kostenlosen KI-Tools
  • Technologie-Verweigerung aus Prinzip
  • Isolation statt Integration

Was kommt als Nächstes?

Statista arbeitet bereits an der nächsten Evolution:

Roadmap 2025/2026:

  • 🚀 Echtzeit-Datenfeeds für KI-Modelle
  • 🎯 Branchen-spezifische KI-Agenten mit Statista-Daten
  • 🔧 White-Label-Lösungen für Unternehmenskunden
  • 📊 Predictive Analytics durch KI-Daten-Kombination

Fazit: Die Zukunft gehört den Adaptern

Marc Bergs Geschichte bei Statista zeigt: Im KI-Zeitalter überleben nicht die Stärksten oder die Größten, sondern die Anpassungsfähigsten.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse:

  1. KI ist eine Chance, keine Bedrohung – wenn man sie richtig nutzt
  2. Qualitätsdaten werden wertvoller, nicht wertloser – “Shit in, shit out” gilt universell
  3. Integration schlägt Isolation – Geh dorthin, wo deine Nutzer sind

Die Transformation von Statista ist noch lange nicht abgeschlossen, aber die Richtung stimmt. Und der zurückgekehrte Kunde zum doppelten Preis? Der beste Beweis, dass die Strategie aufgeht.

Pro-Tipp für AI-Engineers: Wenn ihr mit LLMs arbeitet, denkt immer an die Datenqualität. Ein Modell mit schlechten Trainingsdaten ist wie ein Sportwagen mit schlechtem Benzin – sieht gut aus, kommt aber nicht weit.


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Die KI-Revolution hat gerade erst begonnen – und Unternehmen wie Statista zeigen, dass es nicht ums Überleben geht, sondern darum, die Welle zu reiten. 🚀

Geschrieben von Robin Böhm am 12. September 2025